Das soll der neue Trend sein? Die Beiträge im öffentlich rechtlichen Rundfunk sollen nicht nur Fakten liefern, Pro und Contra? Sie sollen in Zukunft zusätzlich EINORDNEN. Also kommentieren. Das soll die Rettung des Journalismus sein?
Ihr habt wohl noch nicht gemerkt, dass sich nahezu niemand für die Meinung anderer interessiert.
Der eine Teil der Zuschauer/Zuhörer wird auch in Zukunft der Meinung sein, dass alle Anzugträger unfähig sind. Büronasen ohne praktische Fähigkeiten eben.
Der andere Teil der Zuschauer/Zuhörer wird das alles genau anders einschätzen: Anzugträger haben aufgrund ihres Studiums und ihrer Stellung den Überblick. Im Gegensatz zu einfachen Arbeitern.
Nur ein Beispiel. Wie soll man dann einen Konflikt zwischen Anwohnern und Bürgermeister kommentieren? Was zum Tarifstreit sagen? Wie die Bilanz eines Unternehmens einordnen? Es gibt nicht den EINEN Kommentar, den alle lesen, hören oder sehen wollen.
Wenn das die Zukunft sein soll, dann wird es nicht mehr einen öffentlich- rechtlichen Rundfunk, auch nicht eine Regionalzeitung für alle geben. Dann wird es für jede Tendenz einen Sender, eine Zeitung geben: konservativ, links, liberal oder ökologisch.
Wollen wir das?
(ra) “Was ist eigentlich Journalismus?“ Gute Frage, nicht? Sie stellte sich ein Forum, veranstaltet von Friedrich-Ebert-Stiftung und dem DJV Thüringen.
Um es vorweg zu nehmen: Eine Antwort gab es im Luthersaal des Erfurter Augustinerklosters nicht. Weil es EINE Antwort auch nicht geben kann. Aber Ansichten und Befindlichkeiten erfuhr das Publikum, erfragt von Moderatorin Uta Thofern (3. v. l.). Jene des Medienwissenschaftlers Horst Röper, des Literaten und SPD-Politikers Hans-Jürgen Döring, des ZGT-Verlagsmanagers Klaus Schrotthofer, der DJV-Landesvorsitzenden Anita Grasse und des Bloggers Sven Oelsner (v. l.).
Ansichten und Befindlichkeiten, die bekannt sind, wenig überraschten. Und obendrein dazu (ver-)führten, dass erstaunlich schnell der rote Faden verloren ging. Deshalb sprach man über so ziemlich alles, kam vom Hundertsten ins Tausendste. Mit der damit dann einhergehenden Tiefgründigkeit.
Dabei boten der
Einladungs-Flyer
wie auch
Anita Grasses Begrüßungsrede
etliche Steilvorlagen für einen lebhaften Widerstreit der Meinungen. Trotzdem hatte scheinbar keiner im Podium recht Lust, sich dem eigentlichen Thema zu widmen: Röper dozierte zum Einstieg über Trends in der deutschen Medienlandschaft. Der Dortmunder Medienwissenschaftler diagnostizierte dabei den Zustand der Printmedien. Er beklagte einen fortgesetzten Verlust von Medienvielfalt durch Kooperations- und Konzentrationsprozesse. Dazu käme, dass seit 1995 Zeitungen ein Fünftel ihrer Abonnenten verloren hätten. Noch dramatischer wirke sich der Rückgang von rund 40 % bei Werbeeinnahmen aus. Einen Teil hätten Verlage durch die Etablierung von Anzeigenblättern kompensieren können. Doch auch, dass man den Leser mit stetig steigenden Abo-Kosten immer stärker zur Kasse bitte, stoppe nicht die Einnahmeeinbußen der Verlage.
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(ra) Michael Ringier bewies neuerlich seine Antipathie gegenüber dem Internet. Bei den Zeitschriftentagen des VDZ sagte er laut kress-Autor Christian Meier: “Wir brauchen Edelmetall, den Schrott gibt es im Internet.”
Er habe sich z. B. die Umsätze der Verlagshäuser im Internet genauer angeschaut. Auf der Seite von “zooplus.de”, das zu Hubert Burda Media gehört, habe er Hundefutter gefunden. Sein eigenes Label Betti Bossi verkaufte beispielsweise den “Hot Dog Boy” zum Aushöhlen von Brötchen. Ringier: “Wir sind stolz auf den Umsatzanteil des Digitalgeschäfts, verschweigen aber, dass wir das Geld nicht in unseren Kernmärkten verdienen.”
Dabei bleibe der Journalismus Basis fürs Geschäft der Medien. Nur darum kämen Verlage als Geschäftspartner etwa für Konzertticket-Anbieter infrage, weil sie mit ihren Inhalten viele Millionen Menschen erreichten. “Wir brauchen mehr Journalismus, nicht weniger”, sagte der Verleger. Nur Einzigartigkeit zähle heute noch.
Selbstironischer Blick auf seine Zunft: Sein Beruf ähnele dem des Pfarrers: “Wir wissen wenig, aber glauben viel. Wir beten. Wir arbeiten für einen bescheidenen Lohn.” Zudem: “Ich gehöre einer Generation an, für die Multitasking bedeutet, auf dem Klo zu sitzen und eine Zeitung zu lesen.”