Archiv für das Tag 'Schrotthofer'

joint – Journalisten in Thüringen

Die Bindersleber Depesche

(ag) Schon wieder Hiobsbotschaften von der Zeitungsgruppe Thüringen (ZGT). Plötzlich kursierte ein Brief der Geschäftsführung an alle Mitarbeiter. Nur tauchte der nicht bei den Mitarbeitern auf, jedenfalls nicht direkt. Stattdessen wurde er im Intranet veröffentlicht – eine Plattform, die die meisten Kollegen allenfalls nutzen, um Telefondurchwahlen oder die Speisepläne der Cafeteria zu recherchieren. Irgendwie nahm irgendwer aber dann doch Notiz vom Schreiben und sorgte dafür, dass es alle anderen auch taten: Denn was dort stand, war alles andere als beruhigend.

Im Kern: Ein großer Werbekunde sei abgesprungen, die Papierpreise hätten sich eklatant verteuert, schwere Zeiten kämen (mal wieder) auf die ZGT zu. Schwere Zeiten, denen man nur teilweise mit gravierenden Einschnitten beikommen könne.

Der Rest blieb das bekannte Sonntagsreden-Bla-Bla: Gemeinsam werde man das aber schon schaffen … mit Kreativität und Fleiß … wenn alle an deinem Strang … und so weiter.

Wo genau diese Einschnitte stattfinden werden und welcher Art sie sein werden, ließen die ZGT-Geschäftsführer Klaus Schrotthofer und Dr. Martin Jaschke offen. Jedenfalls in diesem Brief.

Inzwischen ist auch das geklärt, denn Gott sei Dank unterhält man sich trotz aller Depressivität doch noch miteinander. So tat der Flurfunk kund, dass die Poststelle zum 1. September geschlossen werden solle, im Anzeigenbereich und bei den Leserreisen hat es offenbar bereits Entlassungen beziehungsweise keine Vertragsverlängerungen mehr gegeben. Andere Abteilungen sollen angeblich die Ansage erhalten haben, auf drei Mitarbeiter oder jeder einzelne auf 20 Prozent Gehalt verzichten zu müssen.

In den Redaktionen ist von Streichungen noch keine Rede: Wie auch; OTZ und TLZ sind kaum mehr zu dezimieren und in der TA hat das in den vergangenen Monaten ja auch ohne erhöhte Papierpreise und abspringende Werbekunden ganz gut geklappt. Trotzdem machen sich auch die Kolleginnen und Kollegen dort Sorgen. Es herrscht Wut, Trauer, Hilf- und Ratlosigkeit. Die Phrasen vom gemeinsamen Aufbruch, dem Durchstehen harter Zeiten klingen da eher zynisch als motivierend.

joint – Journalisten in Thüringen

Beam me up, Schrotti!

(ra) Na also! Für kress.de hat ZGT-Boss Klaus Schrotthofer einen Blick in die Kristallkugel, pardon; in eine Zukunft geworfen, wie er sie sich für seine Branche vorstellt.

“Viele Journalisten sind noch der irrigen Ansicht, Online sei nur eine Verlängerung ihres eigenen Schreibtisches. Sie übersehen dabei, dass sich das Medium Online längst von seinen Print-Ursprüngen emanzipiert.”

Nun, es ließe sich trefflich streiten, ob tatsächlich “viele Journalisten” meinten, dass das WehWehWeh eine neue Dimension ihres Schreibtisches sei.

Sicher aber ist: Eine neue Ei-Huhn-Debatte zu starten und den Print-Medien die Vater- oder – der Emanzipation zuliebe – Mutterschaft zuzuschanzen, bringt nicht weiter.

Kress-Autor Christian Meier jedenfalls adelt Schrotthofer für seine Sicht zum “Internet-Evangelisten”. Und er verbreitet gern auch die kleine Unwahrheit, dass die ZGT die “ Websites (!) von ,Thüringer Allgemeine’, ,Ostthüringer Zeitung’ und ,Thüringische Landeszeitung’ vollkommen überarbeitet” habe.

Hätte Meier sich selbst ein Bild gemacht, wäre auch ihm der Etikettenschwindel “Aus drei mach eins…” aufgefallen.

So aber kann man es Meier auch nicht verübeln, dass er sich von Schrotthofer soufflieren ließ, wonach die Regio-Desks “es den Redakteuren wieder ermöglichen, draußen zu recherchieren und mehr für Online zu schreiben “. Na gugge ma!!

Und diesen Schrotthofer-Plan muss man sich auf der Zunge zergehen lassen:

“So schnell wie möglich wollen wir mehr als die Hälfte der Beiträge im Internet originär produzieren.”

Achtung! Das war kein Aprilscherz! Der Beitrag erschien schließlich am 31. März…

Jawoll! Kannibalisierung als Methode. Deshalb wird es künftig noch weniger Sinn machen, ein Abonnement zu bezahlen, wenn das “originäre” eh online steht.

Aber Schrotthofer bleibt sich eben treu. Man erinnere sich an diesen Satz:

“In der gedruckten Zeitung gibt es Texte und Bilder, im Internet finden unsere Leser vertiefende und weiterführende Informationen .”