13.05.2016
Blogparade #starkesUrheberrecht gestartet
(ag) Unter dem #starkes Urheberrecht startet der DJV Thüringen heute eine Blogparade. Gefragt sind Blogger und Autoren, Laien und Profis, Journalisten und Künstler. Gesucht ist eine Antwort auf die Frage „Warum brauchen wir ein starkes Urheberrecht und wie muss das aussehen?
Gerade wird der Gesetzesentwurf der Bundesregierung diskutiert, der das Urheberrecht neu regeln soll. Kann man an sich nichts dagegen haben, denn die aktuelle Fassung reicht für Kreative nicht aus, ihren gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung durchzusetzen. Nur hat der Regierungsentwurf ein Problem: Wer ihn geschrieben hat, war offenbar durch die Lobbyarbeit der Medienunternehmen ein bisschen verwirrt und hat die Regelungen aus den Augen verloren, die zu einem ausgeglichenen Vertragsverhältnis und zur Durchsetzung des Vergütungsanspruchs führen sollen. Der erste Entwurf aus dem Bundesjustizministerium berücksichtigte das noch und stärkte folgerichtig die Position der Urheber, also jener, die ein Werk schaffen – Künstler, Journalisten, Musiker, Komponisten, Autoren und so weiter. Dass dieser erste, der Referentenentwurf, nicht die finale Fassung eines Gesetzentwurfs ist, ist klar. Auch dass das eine manchmal sehr deutlich vom anderen abweicht, wundert nicht. Wenn aber der finale Regierungsentwurf sozusagen das genaue Gegenteil vom Referentenentwurf ist, darf man sich schon mal die Augen reiben. So geschehen also jetzt beim Urheberrechtsgesetz. Und das Schlimme: Es sieht nicht so aus, als wolle der Bundesrat heute daran noch etwas ändern.
So wird also, geht der Entwurf in der Fassung auch noch durch den Bundestag, ein Urheberrecht gelten, das zum Beispiel Nutzern der Werke erlaubt, die Auskunft darüber zu verweigern, wo, wann, wie lange oder wie oft das Werk veröffentlicht wurde. Ein Beispiel aus der Praxis: Ein freier Journalist schreibt und realisiert ein Stück für einen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Der Beitrag wird ausgestrahlt und dafür wird ein Honorar gezahlt. Nun ist es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen hierzulande aber üblich, solche Filme innerhalb der ARD-Anstalten auszutauschen. Nach ein paar Monaten möchte der Journalist, der den Film vielleicht für den MDR gedreht hat, also wissen, ob er inzwischen auch beim NDR oder WDR oder sonst wo gelaufen ist. Darauf bekommt er heute schon kaum eine Antwort, weil es angeblich technisch nicht möglich wäre, das nachzuvollziehen. Geht der Gesetzentwurf durch, brauchen sich die Sender künftig derartige Ausreden nicht mehr einfallen lassen. Sie sind nicht zur Auskunft verpflichtet.
Oder, anderer Fall: Ein freier Autor schreibt Sachbücher. Dafür bekommt er als kleiner, unbekannter Neuling einen Vertrag mit einem Verlag, in dem ein Honorar festgeschrieben ist, das eher als Taschengeld durchgeht. Nach ein paar Jahren hat er sich aber einen Namen gemacht, seine Bücher verkaufen sich gut und er will vor der nächsten Auflage auch die Honorare für seine ersten Bücher neu verhandeln. Nach dem Gesetzesentwurf soll das nicht mehr ohne weiteres möglich sein. Schließlich könnte es ja die Existenz der Verlage bedrohen. Kurze, total unsachliche Entgleisung an dieser Stelle: Ich möchte mal sehen, wie die ihre Existenz sichern wollen, wenn es keine Autoren mehr gibt, die ihnen Bücher liefern. Und wenn die nicht davon leben können, wird es sie bald nicht mehr geben.
Ebenfalls nicht vorgesehen im Gesetz, jedenfalls in keiner erwähnenswerten Fassung: ein ordentliches Verbandsklagerecht. Klingt erstmal nicht so, als müssten Künstler an etwas so trockenem Interesse haben. In Wirklichkeit aber scheitert die Durchsetzung ordentlicher Honorare am Fehlen genau dieser Regelung – und natürlich an der Fairness und dem Gerechtigkeitssinn der Verwerter, aber das wäre ein ganz, ganz anderer Post. Verbandsklagerecht bedeutet, dass der Künstler oder eben Autor nicht mehr selbst gegen einen Verlag oder einen anderen Verwerter klagen muss, sondern das seinem Berufsverband überlassen könnte. Gibt es bisher nicht. Ergebnis: Gegen Dumping-Honorare und Buy-out-Verträge klagt nur, wer ohnehin nie wieder mit diesem Auftraggeber zusammenarbeiten wollte und auch sonst nicht auf einen positiven Auftraggeber-Leumund angewiesen ist. Das gilt besonders in kleinen Bundesländern mit einer – na, sagen wir „überschaubaren“ – Medienlandschaft wie Thüringen.
Hier herrscht in Sachen Urheberrecht heute schon der Wilde Westen. Freie Journalisten arbeiten zu lächerlichen Honoraren, für die sie aber dennoch alle Rechte an ihren Werken abgeben. Soll heißen, mit der einmaligen (schlechten) Bezahlung des Textes darf der Verlag diesen auf allen Kanälen verbreiten, die er heute benutzt (also auch online, in sozialen Netzwerken) und sogar in denen, die vielleicht mal in Zukunft erfunden werden. Und manchmal ist es dem Freien dabei nicht mal erlaubt, seine Texte zeitgleich anderen Verwertern anzubieten, um so über die Quantität die Miete reinzuholen. Ein Urheberrechtsgesetz sollte solche Zustände eigentlich beseitigen und sie nicht noch juristisch zementieren. Genau das passiert aber mit dem aktuellen Entwurf.
Und genau deshalb wollen wir es jetzt genauer wissen und starten diese Blogparade. Unter #starkesUrheberrecht wollen wir von euch und Ihnen wissen: „Warum brauchen wir eine starkes Urheberrecht und wie muss das aussehen?“. Veröffentlicht euren Blogpost dazu bitte bis Ende Mai und hinterlasst uns in den Kommentaren einen Link zu eurem Post, damit wir ihn am Ende gemeinsam mit allen anderen Teilnehmern hier veröffentlichen können.
Also, ran an die Tasten: Schreibt! Und teilt diesen Aufruf gern so großzügig wie möglich. Nur so wird aus dem Gesetzentwurf vielleicht doch noch etwas, das den Namen URHEBERRECHTSgesetz auch verdient!
Übrigens, was der DJV zusammen mit der Initiative Urheberrecht am aktuellen Gesetzentwurf im Detail kritisiert, können Sie/könnt ihr hier nachlesen.