Erlöszuwächse müssen Sparorgien ablösen
(rl) Bisher gibt es in den Verlagen eine Antwort auf die Umsatzrückgänge – SPAREN. Selbst die Zeitung ohne eigene Redaktion ist kein Tabu mehr. Kurzfristig werden zwar Effekte erzielt, jedoch langfristig die Bereiche geschwächt, die das Geldverdienen erst ermöglichen. Redaktionen kosten nicht nur, sie sind Voraussetzung für den Mehrwert.
Die in der Zukunftswerkstatt von Festen und Freien geäußerten Überlegungen/ Vorschläge erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Mit der Diskussion soll Bewegung in die Verlage gebracht werden, einen anderen Kurs zu finden, mit dem sie Zukunft gewinnen.
1. Journalistinnen und Journalisten sind Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger, tragen zur Meinungsbildung bei und begleiten kritisch das Geschehen in der Gesellschaft.
2. Entscheidend ist nicht mehr das Trägermedium Tageszeitung. Deshalb: vom Trägermedium unabhängige Inhalte produzieren, die nicht unbedingt exklusiv sein müssen, aber unbedingt handwerklich ausgezeichnet.
3. Der Unterschied zwischen Journalismus und Infoportalen besteht in der Fähigkeit der Tageszeitung, der Leserschaft/den Nutzern Orientierung in der Informationsflut bieten zu können. Diese andere Form der Exklusivität kann die Begründung für Bezahlinhalte sein.
4. Relevanz ist wesentliches Kriterium. Es müssen Themen aus der Lebenswelt der Menschen aufgegriffen werden.
5. Es ist egal, auf welchen Verbreitungswegen journalistische Inhalte transportiert werden. Die Aufgaben und der Anspruch als Journalist ändern sich nicht.
6. Kommunikation: Egal, ob fest, frei oder Volontär – mit den Leuten muss geredet werden, WAS sie liefern sollen. In den Redaktionen muss eine Diskussion zum Selbstverständnis und den eigenen Ansprüchen in Gang kommen.
7. Es gibt unterschiedlich befähigte Menschen. Die besonderen Talente müssen erkannt, entwickelt und vorteilhaft für das Unternehmen eingesetzt werden (Personalentwicklung).
8. Beim Leitungspersonal gibt es Defizite. Kompetenzen zur Personalführung und zum Zeitmanagement/zur Organisation der Redaktionsarbeit sind sehr unterschiedlich ausgeprägt.
Kollegen und Kolleginnen haben sich an einem freien Samstag die Zeit genommen, um in einer Zukunftswerkstatt ihren Gedanken freien Lauf zu lassen. Die Ist-Analyse ist nach meiner Meinung gut gelungen. Es ist nun an uns, über Analyse, Möglichkeiten und Umsetzung zu diskutieren. Es wäre schön, wenn dies hier ausführlich erfolgt.
Pkt. 1 Dienstleister für Bürger
Wer sich im öffentlichen Raum gut umhört, erfährt, worüber die Menschen diskutieren, was sie bedrückt, bei welchen Entscheidungen sie nur den Kopf schütteln können. Es ist an uns Journalisten aufzugreifen, was diese Menschen bewegt. In Thüringen sind Texter meist Auftragnehmer oder Angestellte einer Tageszeitung. Diese ruhen auf unsere Region, also erwartet Max Mustermann von uns, dass wir Themen der Region aufgreifen und unsere Möglichkeiten der Recherche nutzen. Willi Akademikus oder Marie Intellektuell werden außerdem noch überregionale Tageszeitungen nutzen und diese deshalb lesen, weil sie Hintergrundberichte aus Deutschland und der Welt erwarten. Wer für die Region schreibt, von dem wird die seriöse Berichterstattung aus der Region erwartet, ohne bieder und belehrend oder langweilig zu wirken. Wer es schafft, dass die Zeitung mit einem Lächeln, Stirnrunzeln, mit Neugier gelesen wird und dass darüber gesprochen wird, erreicht, dass auch andere mitreden wollen und wieder gern die Tageszeitung lesen. Es ist aber auch eine politische Frage, denn zu häufig kommt bei den Menschen an, ihre Meinung ist nicht wichtig. Das führt wiederum zu Desinteresse und Gleichgültigkeit. Außerdem sehe ich es als ein Unding, dass Menschen, die Kindern und Jugendlichen Bildung beibringen sollen, selber keine Zeitung mehr lesen. Würde diese mehr in den Unterricht eingebunden, so würde auch deren Stellenwert steigen.
Den Punkt 2 sehe ich genauso. Exklusiv können jene sein, die mit einem Knopfdruck die Infos in die Welt hinaustragen. Leser der regionalen Tageszeitung interessiert das Geschehen vor der Haustür. Dabei darf es nicht unser Ziel sein, die Menschen bloßzustellen, es geht um Hintergründe und Hilfestellungen für den Alltag. Hier dürfen teuer erworbene Kenntnisse nicht einfach kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Wozu bezahlen, wenn es die Info gratis gibt? Der Mensch ist nicht so “gestrickt”, freiwillig von seinem Reichtum abzugeben – es gibt Ausnahmen.
Was Punkt 6 betrifft, die Kommunikation ist Bestandteil vom FAIRhaltenskodex zwischen angestellten und freien Journalisten. Es sollte im Interesse aller Journalisten sein, diesen anzuwenden und umzusetzen.
Allgemeines:
Es ist schwierig Forderungen durchzusetzen, sofern es nur wenige Auftraggeber gibt. Die Ballance zu finden auf diesem dünnen Seil führt zur Existenzfrage. Eine breite Straße durch viele Auftraggeber aufgebaut, ermöglicht anzuhalten, Hindernisse aus dem Weg zu räumen oder diese auch einfach zu umfahren und sichert dennoch eine auskömmliche Zukunft. Die Thüringer Tageszeitungslandschaft bietet dafür nicht die Möglichkeiten und die Konkurrenz ist groß. Sie wird weiter wachsen, wenn immer stärker Bereiche ausgegliedert werden, wie in vielen Verlagen üblich. Vor allem freie Journalisten leben deshalb zwischen PR und reiner journalistischer Arbeit. Die Frage ist, wer kann objektiv über eine Trennung beider Bereiche entscheiden?
Träume und Schäume:
http://www.mdr.de/thueringen/ost-thueringen/druckerei_loebichau100.html